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Wer kennt es nicht: Wir laufen mit der Kamera durch die Gegend und fotografieren alles was uns vor die Linse kommt. Doch auch wenn viele der Bilder für den privaten Gebrauch sind, landet doch das ein oder andere auf Social Media. Spätestens dann werden rechtliche Fallstricke auch für die private Fotografie umso wichtiger.

Was ihr also beim Fotografieren beachten müsst, erklärt euch Christopher Jehle, Rechtsanwalt und Partner in der Rechtsanwaltskanzlei Dittmann & Hartmann aus Mayen bei Koblenz. Viel Spaß mit unserer zweiteiligen Serie zum Thema Fotografie und Recht.

Was muss ich beim Fotografieren in der Öffentlichkeit grundsätzlich beachten?

Durch das Fotografieren in der Öffentlichkeit können verschiedene Rechte verletzt werden. Rechtlich relevant wird das Fotografieren in der Öffentlichkeit meist, sobald auf den Fotografien Personen enthalten sind. Aber auch die Fotografie von Gebäuden und Gegenständen kann problematisch werden, soweit diese rechtlich geschützt sind. Wenige sind sich der juristischen Fallstricke und damit einhergehenden Konsequenzen bewusst und teilen oft unreflektiert jegliche Schnappschüsse im Internet.

Dass die angefertigten Fotos aber das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten, eine Gebäudefotografie das Urheberrecht des Architekten oder Fotografien in Innenräumen das Haus- bzw. Eigentumsrecht des Eigentümers verletzen kann, ist oft genauso wenig bekannt wie die hiermit einhergehenden rechtlichen Konsequenzen. Eine Fotografie im öffentlichen Raum stellt den Fotografen, egal ob Profi- oder Hobby-Fotograf, schnell vor die Frage, ob die Veröffentlichung oder sogar die Produktion der Fotos das Einverständnis eines Dritten bedarf.

Straße mit alten Backsteinhäusern in den Niederlanden

Bauwerke und Kunst im öffentlichen Raum: Was ist die Panoramafreiheit und was regelt sie?

Im öffentlichen Raum werden Fotografen, oft unbewusst, mit urheberrechtlich geschützten Werken konfrontiert. So können Gebäude als Bauwerke, Skulpturen als Kunstwerke oder sonstige architektonische Kunst dem Anwendungsbereich des Urhebergesetzes (UrhG) unterliegen und sind als Werke geschützt. Hierunter fallen bspw. Gebäude wie das Hundertwasser-Haus.

In den genannten Fällen liegt das Urheberrecht beim Architekten, dem Künstler oder dem Bildhauer. Die Herstellung einer Kopie durch Fotoaufnahmen und insbesondere die Verwertung der Fotos hängt nach den Grundsätzen des Urheberrechts somit von dem Einverständnis und der Einräumung der Nutzungsrechte durch den Urheber ab.

Da eine solche, schrankenlose Handhabung des Urheberrechts die Nutzung des öffentlichen Raumes erheblich einschränken würde, beinhaltet das deutsche Urheberrecht die sog. Panoramafreiheit; auch Straßenbildfreiheit genannt.

Die Panoramafreiheit stellt eine Einschränkung des Urheberrechts dar und ist in Deutschland in § 59 UrhG normiert. Sie regelt zu Gunsten des Fotografen, dass es zulässig ist, Werke, die sich an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden zu fotografieren, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.

Voraussetzungen für das Eingreifen der Panoramafreiheit ist also, dass das Werk „öffentlich“ und für jedermann frei zugänglich ist. Es muss somit von einem öffentlichen Weg oder einer öffentlichen Straße etc. die äußere Ansicht fotografiert worden sein und im Prinzip den Blickwinkel des allgemeinen Betrachters von diesem öffentlichen Ort wiedergeben.

Mann fotografiert auf Straße

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Nicht öffentlich und unzulässig wäre eine Fotografie dann, wenn das Foto unter Hinzunahme weiterer Hilfsmittel zustande kommt bspw. der Fotograf eine Leiter verwendet, um über eine Mauer zu schauen und von dort das Foto zu schießen oder per Drohne eine Luftaufnahme geschossen wird. Selbst die Verwendung eines Selfie-Sticks kann problematisch sein, soweit sich hierdurch der Blickwinkel entsprechend verändert.

Ein Foto der äußeren Ansicht des Gebäudes aus leicht erhöhter Perspektive, beispielsweise einer gegenüberliegenden Wohnung, unterliegt nach Ansicht des Bundesgerichtshofes ebenfalls nicht der Panoramafreiheit. Steht der Fotograf auf privatem Grund und fotografiert ein Bauwerk, befindet er sich ebenfalls nicht auf „öffentlichem“ Terrain und kann sich ebenfalls nicht auf die Panoramafreiheit berufen.

Eine weitere Voraussetzung, dass ihr euch als Fotograf auf die Panoramafreiheit berufen könnt, ist, dass es sich um ein „bleibendes“ Werk handelt. Bei Gebäuden und Statuen ist dies im Regelfall unproblematisch.

Anders verhält sich dies jedoch im Falle von zeitlich begrenzter, temporärer Kunst im öffentlichen Raum. So hielt der Bundesgerichtshof einen Zeitraum für eine zeitweise Verhüllung des Reichstagsgebäudes durch den Künstler Christo von zwei Wochen für nicht ausreichend, um die Voraussetzungen „bleibend“ zu erfüllen. Auch in diesem Falle, galt die Panoramafreiheit nicht, sodass die Anfertigung und Verwertung der Fotografien trotz der Öffentlichkeit des „Verhüllten Reichstages“ nicht zulässig waren.

Sind also die genannten Kriterien erfüllt, können Werke im öffentlichen Raum fotografiert werden.

Abschließend noch ein Hinweis zu den Schutzfristen der Werke: Die Frage der Panoramafreiheit stellt sich jedoch immer nur dann, soweit ein Urheberrecht an dem Gebäude oder öffentlichen Werk (noch) besteht. Sind bspw. die Schutzfristen der Werke bereits abgelaufen (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers), stehen die Werke „gemeinfrei“ zur Verfügung. Insoweit ist das Fotografieren von antiken Gebäuden in den meisten Fällen urheberrechtlich unproblematisch; aber Achtung auch hier können Kleinigkeiten über eine Urheberrechtsverletzung entscheiden.

Eifelturm

Ein Beispiel: So kann der Eiffelturm aufgrund des Ablaufs der Schutzfristen am Tag problemlos Gegenstand einer Aufnahme werden, da dieser inzwischen gemeinfrei ist. Bei Nacht sieht die rechtliche Bewertung jedoch anders aus, da die Lichtinstallation deutlich jünger ist und einen eigenständigen urheberrechtlichen Schutz genießt. Weil das französischer Urheberrecht lange Zeit keine Panoramafreiheit kannte und nach Einführung eine solche nur auf Privatzwecke begrenzt, kann es hier zu Abmahnungen kommen.

Was muss ich beim Fotografieren im Inneren eines Gebäudes beachten? Darf ich die Fotos veröffentlichen?

Beim Fotografieren in Innenräumen von Gebäuden gilt die Panoramafreiheit nicht. Vielmehr unterliegt das Fotografieren in Innenräumen dem Hausrecht des Eigentümers bzw. des Mieters, der grundsätzlich über die Art und den Umfang des Fotografierens bestimmen kann.

Insoweit sind die entsprechenden Hausordnungen oder Nutzungsbestimmungen oft beim Betreten des Gebäudes einzusehen und auch zu respektieren. In vielen Fällen ist das Anfertigen von Fotoaufnahmen für den privaten Gebrauch gestattet, eine gewerbliche Nutzung hängt in der Regel von der Zustimmung des jeweiligen Berechtigten ab. Oft wird insoweit der Erwerb von Fotoerlaubnissen für kommerzielle Nutzungen angeboten.

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Fotografieren im Urlaub: Was muss ich beachten? Gibt es die Panoramafreiheit auch in anderen Ländern?

Grundsätzlich ist in der Europäischen Union vieles auf eine Harmonisierung der Gesetze angelegt, sodass versucht wird ein möglichst einheitliches, europäisches Regelwerk zu schaffen.

Trotzdem kommt es hinsichtlich der Panoramafreiheit und der Urheberrechte immer noch zu Unterschieden, was die Beantwortung der Frage und Handhabung nicht vereinfacht. Die Idee, die Panoramafreiheit europaweit abzuschaffen, ist glücklicherweise verworfen worden.

In vielen Ländern gilt zwischenzeitlich die Panoramafreiheit ähnlich wie in Deutschland, bspw. in Österreich, Polen, Ungarn. Auch außerhalb der EU existiert die Panoramafreiheit in vielen Ländern bspw. USA, Großbritannien, China etc. oft mit leichten Abänderungen.

Länder wie die Niederlande haben die Panoramafreiheit sogar noch erweitert und die Anwendbarkeit für die Verwendung von Fotografien innerhalb von Gebäuden nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Länder wie Frankreich und Island haben hingegen lange Zeit auf entsprechende Regelungen verzichtet, zwischenzeitlich aber ebenfalls die Panoramafreiheit in ihr Rechtssystem aufgenommen. Seit 2016 gibt es in diesen Ländern zwar ebenfalls eine Panoramafreiheit, diese ist aber auf Veröffentlichungen von Privatpersonen und ohne kommerziellen Charakter beschränkt worden.

Italien verzichtet bis heute auf eine vergleichbare Regelung.

Aufgrund der somit weiterhin bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Panoramafreiheit sollte man sich, vor allem bei der Veröffentlichung der Fotos auf Webseiten mit internationalen Usern, mit der Panoramafreiheit des jeweiligen Landes auseinandersetzen.

 

Christopher Jehle

Christopher Jehle ist Rechtsanwalt und Partner in der Rechtsanwaltskanzlei Dittmann & Hartmann in Mayen/Koblenz. Neben seiner Tätigkeit als Anwalt ist Christopher seit seiner Kindheit leidenschaftlicher Musiker/Gitarrist und spielt derzeit in zwei Bands. Diese Leidenschaft bedingte, dass er sich beruflich auf die Arbeit mit geistigem Eigentum fokussierte und zwischenzeitlich deutschlandweit Mandanten bei Urheberrechtsverletzungen unterstützt. Zusätzlich zum Urheberrecht betreut Christopher Mandate im gewerblichen Rechtsschutz, Internet- und Wettbewerbsrecht, sowie im allgemeinen Zivilrecht.